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Kündigungsschutz - auch für Ersatzmitglieder!

Wichtig für die Betriebsratspraxis

Schon gewusst? Auch für Ersatzmitglieder gelten während der Zeit der Stellvertretung alle Schutzrechte eines Betriebsratsmitglieds. Ein Beispiel, das im Folgenden erläutert wird, ist der Kündigungsschutz nach § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Hier werden Ersatzmitglieder zwar nicht ausdrücklich erwähnt, jedoch gibt es Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der auch Ersatzmitglieder diesen Schutz genießen.

Anna Hackner | ifb

ifb Bildungsreferentin und Juristin

Stand:  9.10.2015
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Kündigungsschutz für Ersatzmitglieder | © AdobeStock|Marco2811

Der Kündigungsschutz ist vor, während und nach der Zeit der Stellvertretung unterschiedlich stark ausgeprägt. Folgende Fallkonstellationen sind denkbar:

1. Es lag noch kein Verhinderungsfall vor und das Ersatzmitglied war noch nicht im Einsatz:

Vor dem Eintritt in den Betriebsrat für ein ausgeschiedenes oder verhindertes BR-Mitglied genießt ein Ersatzmitglied zumindest immer den nachwirkenden Kündigungsschutz eines Wahlbewerbers gemäß § 15 Abs. 3 KSchG.

Außerdem greift das Benachteiligungsverbot nach § 78 BetrVG. Zum Beispiel: Ein Arbeitgeber kündigt einem Arbeitnehmer, der Ersatzmitglied im Betriebsrat ist, mit dem Ziel zu verhindern, dass er als Nachrücker in den Betriebsrat eintritt. Diese Kündigung wäre nach § 78 BetrVG in Verbindung mit § 134 BGB nichtig.

Der Kündigungsschutz nach § 103 BetrVG und § 15 Abs. 1 KSchG greift demgegenüber zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich nicht. Denn erst mit dem Nachrücken, also wenn ein Betriebsratsmitglied dauerhaft oder vorübergehend verhindert ist, ist das Ersatzmitglied ein vollwertiges Betriebsratsmitglied mit allen Rechten und Pflichten.

Aber kann das Ersatzmitglied nicht auch schon vor dem Moment des Nachrückens schutzwürdig sein? Genau diesem Gedanken trugen die Richter des Bundesarbeitsgerichts Rechnung. Sie beschlossen, dass auch für ein Ersatzmitglied, das sich bereits mit Betriebsratsaufgaben befasst, obwohl der Verhinderungsgrund noch nicht vorliegt, bereits Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG, § 103 BetrVG bestehen kann. Zum Beispiel, wenn es sich auf eine Betriebsratssitzung vorbereitet, an der es aufgrund einer schon absehbaren Verhinderung teilnehmen wird (z. B., weil ein Mitglied bei der nächsten Sitzung im Urlaub ist). Dies darf jedoch nicht ausgenutzt werden. Durch eine sehr frühzeitige Ladung zu einer Sitzung könnte ansonsten der Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG, § 103 BetrVG missbräuchlich herbeigeführt werden. Daher begrenzten die Richter den Schutz auf maximal drei Tage vor der Sitzung (BAG 17.01.1979, AP Nr. 5 zu § 15 KSchG bzw. Fitting, 27. Aufl. § 25 Rn. 8).

2. Es liegt aktuell ein Verhinderungsfall vor und das Ersatzmitglied ist derzeit im Einsatz:

Während der Zeit des Nachrückens in den Betriebsrat steht dem Ersatzmitglied der volle Kündigungsschutz des § 15 KSchG, § 103 BetrVG zu (BAG 27.09.2012 – 2 AZR 955/11). Das ist nur konsequent, denn gemäß § 25 BetrVG rückt das Ersatzmitglied kraft Gesetzes in das Betriebsratsamt nach, sobald ein Mitglied dauerhaft aus dem Betriebsrat ausscheidet oder vorübergehend verhindert ist. Die Richter des Bundesarbeitsgerichts gehen hier sehr weit: Das gilt nämlich sogar unabhängig davon, ob der Nachrücker schon Betriebsratsaufgaben erfüllt hat oder nicht (BAG 08.09.2011 – 2 AZR 388/10).

3. Es lag ein Verhinderungsfall vor, der wieder beendet ist und das Ersatzmitglied ist nicht mehr im Einsatz:

Scheidet ein Ersatzmitglied nach Beendigung des Vertretungsfalles wieder aus dem Betriebsrat aus, greift der nachwirkende Kündigungsschutz gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Auch dies erschließt sich nicht aus dem Gesetzeswortlaut, sondern beruht auf der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 27.09.2012 – AZR 955/11).

Kann ich den Kündigungsschutz für bestimmte Ersatzmitglieder herbeiführen?

Manch ein Betriebsratsvorsitzender könnte nun auf die Idee kommen, man müsse lediglich jedes Ersatzmitglied einmal laden, damit jeder in der komfortablen Lage ist, unter den Kündigungsschutz zu fallen. Jedoch ist hier Vorsicht geboten: Nur im echten Verhinderungsfall darf ein Ersatzmitglied geladen werden. Dies dient dem Schutz des Wählerwillens der Belegschaft. Bei den Betriebsratswahlen wurde für die gesamte Amtszeit verbindlich festgelegt, wer wann kraft Gesetzes nachrückt. Hier bleibt dem Betriebsratsvorsitzenden kein Spielraum. Ansonsten würde er die Beschlussfähigkeit des Gremiums aufs Spiel setzen, zudem kann in einem solchen Fall die Berufung auf den besonderen Kündigungsschutz wegen Rechtsmissbrauchs ausgeschossen sein.

Dennoch: Im Laufe einer Amtszeit kommen häufig mehr Ersatzmitglieder zum Einsatz als anfangs vielleicht gedacht. Ob vorübergehende Verhinderung durch Urlaub, Krankheit, Montage oder Elternzeit oder dauerhafte Verhinderung wegen Langzeiterkrankungen, Amtsniederlegungen oder Arbeitsplatzwechseln – hier sind sofort die Ersatzmitglieder gefragt und dann kommen sie während der Zeit der Stellvertretung auch in den Genuss des Kündigungsschutzes.

Was passiert, wenn …

...noch kein Verhinderungsfall vorlag und das Ersatzmitglied noch nicht im Einsatz war?

Grundsätzlich kein Kündigungsschutz des § 15 KSchG, § 103 BetrVG.

Ausnahme: Vorbereitung vor dem tatsächlichen Nachrücken.

...aktuell ein Verhinderungsfall vorliegt und das Ersatzmitglied derzeit im Einsatz ist?

Voller Kündigungsschutz des § 15 KSchG, § 103 BetrVG.

...ein Verhinderungsfall vorlag, der wieder beendet ist und das Ersatzmitglied nicht mehr im Einsatz ist?

Nachwirkender Kündigungsschutz gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 KSchG.

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