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Immer wieder Streit ums Weihnachtsgeld

Schöne Bescherung!

Betriebsrat Benno Sorglos kann es nicht fassen. Der Arbeitgeber hat verschiedene Schreiben an die Kollegen aufgesetzt: „Unsere Gewinnerwartungen sind eingebrochen, deshalb müssen wir das Weihnachtsgeld leider kürzen" bzw. „Ihre Arbeitsleistung war nicht zufriedenstellend in diesem Jahr. Das Weihnachtsgeld wird gestrichen!". Die Kollegen sind empört. Darf der Chef das?

Stand:  7.12.2016
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Immer wieder Streit ums Weihnachtsgeld | © Fotolia.com | Butenkow

Die schlechte Nachricht vorab: Einen gesetzlichen Anspruch auf eine Sonderzahlung in Form von Weihnachtsgeld gibt es nicht. Viele Beschäftigte können trotzdem aufatmen, denn Anspruchsgrundlage der Sonderzahlung können Tarifvertrag, Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, betriebliche Übung und auch der Gleichbehandlungsgrundsatz sein.

Ungleiche Verteilung des Extrageldes

Im Schnitt erhalten etwa 55 % der Beschäftigten ein Weihnachtsgeld. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Online-Umfrage des WSI-Tarifarchivs der Hans-Böckler-Stiftung. Die Analyse der Befragungsdaten von rund 6.000 Beschäftigten zeigt dabei deutliche Unterschiede: Unter den Beschäftigten mit Tarifvertrag erhalten 71 % Weihnachtsgeld. Ist der Arbeitgeber nicht tarifgebunden, können sich nur 44 % über die Sonderzahlung freuen.

Auch innerhalb der geltenden Tarifverträge gibt es gravierende Unterschiede: Ein im Vergleich hohes Weihnachtsgeld erhalten z.B. Beschäftigten im Bankgewerbe, in der Süßwarenindustrie, in der Chemieindustrie, in der Druckindustrie sowie in der Textilindustrie (Westfalen) – immerhin 95 bis 100 % eines durchschnittlichen Monatseinkommens. Es folgen die Bereiche Versicherungen mit 80 %, der Einzelhandel (West: vorwiegend 62,5 %) sowie die Metallindustrie (überwiegend 55 %).

Tarifvertrag als Grundlage

Sieht der Tarifvertrag die Zahlung von Weihnachtsgeld vor, haben Beschäftigte gute Karten. Denn dieses darf grundsätzlich nicht gekürzt werden. Eine Ausnahme bilden die übertariflichen Zulagen, also wenn das Weihnachtsgeld in der Regel höher ausfällt, als es der Tarifvertrag vorsieht. In diesem Fall kann eine Streichung oder Kürzung des übertariflichen Teils zulässig sein, wenn er zuvor mit Vorbehalt bzw. als „freiwillige Leistung" gezahlt wurde.

Auch Sanierungstarifverträge können das Weihnachtsgeld streichen oder kürzen.

Arbeitsvertrag

Besteht laut Arbeitsvertrag ein vorbehaltloser Anspruch auf Weihnachtgeld, kann dieses nicht gekürzt oder gestrichen werden.

Betriebsvereinbarung

Ist die Zahlung von (übertariflichem) Weihnachtsgeld Bestandteil einer Betriebsvereinbarung, kann es nur gestrichen oder gekürzt werden, wenn der Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung fristgerecht kündigt und diese nicht nachwirkt.

Betriebliche Übung

Zahlt der Arbeitgeber ein Weihnachtsgeld ohne Vorbehalt über mehr als drei Jahre in gleicher Höhe oder mit gleichbleibender Berechnungsgrundlage, entsteht ein Rechtsanspruch auf Weiterzahlung aus betrieblicher Übung. Eine Streichung bzw. Kürzung ist nicht zulässig, denn durch die in der Vergangenheit erbrachte Leistung hat der Arbeitgeber einen Vertrauenstatbestand geschaffen.

Dies musste auch ein Arbeitgeber erst lernen: Er versuchte, mit einem Aushang ans Schwarze Brett den Anspruch auf Weihnachtsgeld aus betrieblicher Übung zu widerrufen. Damit hatte er keinen Erfolg. Das BAG (10 AZR 69/96) stellte fest: Teilt der Arbeitgeber den Arbeitnehmern durch Aushang mit, er könne aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Betriebes in diesem Jahr kein Weihnachtsgeld zahlen, so liegt darin kein Angebot an die Arbeitnehmer, die bestehende betriebliche Übung zu ändern. In der zunächst widerspruchslosen Weiterarbeit der Arbeitnehmer kann daher auch keine Annahme eines Änderungsangebotes gesehen werden.

Gleichbehandlungsgrundsatz

Erhalten alle Kollegen bzw. die Kollegen einer bestimmten Gruppe Weihnachtsgeld, darf ein vergleichbarer Arbeitnehmer nicht ohne triftigen Grund von der Zahlung ausgeschlossen werden.

Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass bestimmte Arbeitnehmer(gruppen) von der Sonderzahlung ausgeschlossen werden können; etwa wenn deren Zahlung von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängig gemacht wird. Für den Ausschluss muss es aber immer einen sachlichen Grund geben.

Beliebt beim AG: Der Freiwilligkeitsvorbehalt

Viele Weihnachtsgeldzahlungen enthalten Freiwilligkeitsvorbehalte. Und das geht so: Der Arbeitgeber weist bei der Auszahlung des Weihnachtsgeldes darauf hin, dass die Zahlung freiwillig erfolgt und keinen Rechtsanspruch für die Zukunft begründet. Dies ist wirksam, wenn kein Rechtsanspruch auf Zahlung besteht. Der Arbeitgeber kann so das Entstehen einer betrieblichen Übung für die Zukunft verhindern.

Allerdings heißt es hier, genau hinzuschauen und gegebenenfalls fachkundigen Rat einzuholen, denn die Rechtsprechung stellt an die Wirksamkeit von Freiwilligkeitsvorbehalten hohe Anforderungen.

Rückzahlung?

Was ist mit Fällen, in denen der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld zurückfordern möchte, wenn der Arbeitnehmer kündigt? Das kann unzulässig sein, entschied zuletzt das LAG Hamm (15 Sa 1780/15). Eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, abhängig gemacht werden. In dem zu entscheidenden Fall wurde die Weihnachtsgratifikation jeweils monatlich ausgezahlt, die Arbeitnehmerin hatte zum 31.12. des strittigen Jahres gekündigt.

Auch das Bundesarbeitsgericht entschied 2013 (10 AZR 848/12), dass eine Sonderzahlung mit Mischcharakter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden kann. Sonderzahlung mit Mischcharakter bedeutet, dass das Weihnachtsgeld neben der Entlohnung der Betriebstreue auch eine Vergütung für die bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt.

Es kommt im Zweifel also immer darauf an, wofür die Sonderzahlung geleistet wird, also ob der Arbeitgeber damit eine besondere Belohnung verbindet.

Sorglos in das Weihnachtsfest ...

Die Kollegen im Betrieb von Benno Sorglos können aufatmen. Bei ihnen gilt ein Tarifvertrag, der Anspruch auf Zahlung ist wasserdicht – Einbruch der Gewinnerwartung hin oder her. Auch die angebliche Schlechtleistung darf nicht zu Kürzung führen.

Anderswo sollte genau geprüft werden, wenn der Arbeitgeber den Weihnachtsgeld-Hahn abdrehen will. Und das schnell, denkt an mögliche Verfallsklauseln! Denn in der Regel wird das Weihnachtsgeld mit dem Novembergehalt ausgezahlt.

Stichwort: Weihnachtsgeld

Das Weihnachtsgeld ist eine Sonderzahlung des Arbeitgebers und dient z.B. der Anerkennung für geleistete Dienste oder als Motivation für die zukünftige Arbeitsleistung.

In der Regel wird Weihnachtsgeld zusätzlich zum normalen Entgelt im November ausgezahlt.

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