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Kurzarbeit in Corona-Zeiten

Wie gut, dass es den Betriebsrat gibt!

Verhandlungen zu Kurzarbeit dürfen nicht mit Aktionismus geführt werden. Stattdessen sind Übersicht, Weitsicht und Sorgfalt wichtig. Rechtsanwalt Christian Loh gibt Tipps für die Praxis.

Rechtsanwalt und ifb Referent Christian Loh

Christian Loh

Stand:  8.6.2020
Lesezeit:  02:15 min

Gut, dass es hier einen Betriebsrat gibt!“ – diese seltene Feststellung mag der eine oder andere Unternehmer in den vergangenen Wochen getroffen haben. Viele Betriebe mussten einen starken Auftragseinbruch erleben, was dann auch – meist schnell und zwangsläufig - zu Überlegungen zur Einsparung von Personalkosten führte.

Während der Personalsachbearbeiter eines betriebsratslosen Betriebes nun für jeden einzelnen Mitarbeiter und jede einzelne Mitarbeiterin  eine Zustimmungserklärung zur Vorlage bei der Bundesagentur für Arbeit vorbereiten muss, die dann auch jeder Arbeitnehmerin und jedem Arbeitnehmer zur Unterschrift vorzulegen ist, haben es Betriebe mit Betriebsrat hier einfacher: Die Zustimmungserklärung zur Kurzarbeit erfolgt hier über den Betriebsrat und wirkt dann, da diese als Betriebsvereinbarung nach § 87 Absatz 1 Nr. 3 BetrVG abzuschließen ist, automatisch für alle Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer.

Grundlage von Kurzarbeit

Die Anordnung von Kurzarbeit unterliegt nämlich nicht dem Direktionsrecht, sie kann nur auf Grundlage einer einzelvertraglichen Vereinbarung, einer Betriebsvereinbarung oder eines Tarifvertrages erfolgen (Bundesarbeitsgericht, 7 AZR 398/1993 vom 12.10.1994). Fehlt es an diesem, ist sie sogar ausschließlich im Wege einer Änderungskündigung durchzusetzen.

Grafik "Rechtsbeziehungen im Betrieb"

Der Arbeitgeberseite kommt hier die Wirkung des § 77 BetrVG zu Gute: Die hier abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen „schlagen auf das Arbeitsverhältnis durch“. Das bedeutet, dass arbeitsvertragliche Regelungen auch zum Nachteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geändert werden können. Und genau dieser Fall tritt bei Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit ein. Die Regelungen der jeweiligen Betriebsvereinbarungen ersetzen die Regelungen im Arbeitsvertrag.

Kein Aktionismus!

Daher sollten Gremien gerade beim Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit nicht von „Aktionismus“, der durch die Corona-Pandemie ausgelöst wird, leiten lassen, sondern mit „Übersicht, Weitsicht und Sorgfalt“ in die Verhandlungen gehen.

Der erste wichtige Punkt ist, die Dauer einer „Corona-Betriebsvereinbarung“ zu beschränken und die Nachwirkung auszuschließen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Arbeitgeber eine einmal abgeschlossene Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit immer wieder anwenden, wenn es gerade einmal passt. Der Betriebsrat würde sich hier jegliche Kontrollmöglichkeiten nehmen. Sollte der Arbeitgeber dennoch auf eine Vereinbarung, die auf längere Dauer angelegt ist, beharren, ist es ratsam, hier eine Regelung einzuführen, dass Kurzarbeit immer nur für einen begrenzten Zeitraum durchgeführt werden darf und der Betriebsrat jeder Einführung oder Verlängerung der Kurzarbeit zustimmen muss.

Freiheit beschränken

Viele Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit ermöglichen es der Arbeitgeberseite, selbst und ohne weitere Rücksprache zu entscheiden, für welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Kurzarbeit angeordnet wird. Diese „Freiheit“ sollte jedoch beschränkt werden. Der Betriebsrat ist gut beraten, wenn er sich hier nicht nur eine Mitwirkungsmöglichkeit (d.h. vorherige Information, Anhörung oder Beratungsverpflichtung) verankert, sondern sich ein Zustimmungsrecht vorbehält. Dies führt dazu, dass sich Arbeitgeber jegliche Planungen zur Kurzarbeit erst vom Gremium genehmigen lassen müssen.

Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen

Abschließend stellt sich auch immer die Frage, was ein Betriebsrat im Rahmen einer Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit für die Beschäftigten trotz der bestehenden Krise erreichen kann: Zu denken wäre hier in erster Linie an einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen für einen begrenzten Zeitraum.

Die Verhandlungsposition des Betriebsrats ist trotz Krisensituation gut: Durch eine Betriebsvereinbarung hilft man dem Arbeitgeber, staatliche Unterstützung ohne großen Aufwand zu erhalten. Dass man aufgrund der schwierigen Lage keine allzu großen Forderungen stellen kann, dürfte nachvollziehbar sein. Dennoch sollte der Betriebsrat es hier nicht versäumen, ein kleines Zugeständnis der Arbeitgeberseite auszuhandeln. Schließlich sollen doch beide Vertragspartner trotz der Krise etwas gewinnen.

Sollten Arbeitgeber hier großen Druck aufbauen und auf schnelle nachteilhafte Vereinbarungen drängen, kann man dem Arbeitgeber entgegenhalten, dass Kurzarbeit ohne Betriebsratszustimmung nicht möglich ist. Führt der Arbeitgeber dennoch Kurzarbeit ohne den Segen des Betriebsratsgremiums ein, können alle Arbeitnehmer die Differenzvergütung zwischen Kurzarbeitergeld und dem regulären Gehalt erfolgreich individualrechtlich einfordern denn des verbleibt dann bei der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit und der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug. Dieses Szenario sollte man Arbeitgebern, die hier mit Druck an die Angelegenheit herangehen, durchaus vor Augen führen. Denn schon im Jahr 1991 hat das Bundesarbeitsgericht eine grundlegende Entscheidung (Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 415/90, Entscheidung vom 14.02.1991) mit dem folgenden Leitsatz getroffen: „Die Mitbestimmung ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Einführung von Kurzarbeit“.

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