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Change-Management: Veränderungskompetenz als Schlüssel für moderne Betriebsräte

Das Einzige, das Bestand hat, ist die Veränderung

Moderne Betriebsräte stehen vor der Herausforderung, die derzeitigen Veränderungen in der Arbeitswelt wahrzunehmen, sie einzuordnen, die neuen Möglichkeiten zu erkennen und ihre Arbeit entsprechend anzupassen. Insbesondere in Zeiten von Krisen sollten vorhandene Strukturen auf ihre Wirksamkeit überprüft werden, denn Entscheidungen müssen schnell und durchdacht getroffen werden. Wie gelingt das in der Praxis? Veränderungskompetenz ist der Schlüssel.

Gabriele Lengauer | ifb-Bildungsreferentin | © ifb

Gabriele Lengauer | ifb

Stand:  11.1.2024
Lesezeit:  05:45 min

Warum braucht es Veränderungskompetenz? 

Veränderte Rahmenbedingungen erfordern, dass die Arbeit im BR-Gremium stetig weiterentwickelt wird und neue Möglichkeiten effizient genutzt werden. Sie als Betriebsratsvorsitzender benötigen hierfür die erforderliche Veränderungskompetenz, um den Wandel in der Betriebsratsarbeit zu gestalten und voranzubringen. Gleichzeitig sollten Sie auch die Bereitschaft und die Flexibilität mitbringen, Strukturen auf den Prüfstand zu stellen und alte Muster zu hinterfragen.   

Doch nicht nur bei den internen Prozessen im Betriebsrat ist Ihre Veränderungskompetenz gefragt. Vor allem bei Veränderungsprozessen im Unternehmen können Sie als Betriebsratsvorsitzender die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen.

Wie passen Sie die Prozesse im Gremium und die Arbeitsweise zeitgemäß an? 

Veränderungsprozesse sind sehr komplex. Daher hilft es, strukturiert vorzugehen und verschiedene Phasen und Prozess-Schritte festzulegen. 

1. Analyse der Situation und Erstellen einer Zukunftsprognose  

Zu Beginn des Veränderungsprozesses sollten Sie sich bewusst machen, in welcher Ausgangssituation sich Ihr Gremium befindet. Sind Sie ein relativ frisch gewähltes Gremium? Oder haben Sie schon eine gewisse Zeit zusammengearbeitet? Stehen Sie gerade am Beginn der Amtszeit und müssen daher ein neues, bunt gemischtes Gremium leiten, haben Sie eine andere Ausgangslage als in einem Gremium, das bereits mehr oder weniger feste Strukturen und Abläufe kennt.  

Wenn Sie am Anfang stehen, ist eine Klausurtagung Ihres Gremiums ein sehr guter Weg, um gemeinsam festzulegen, wie Sie als Betriebsrat in Zukunft zusammenarbeiten und wie Sie die Zukunft Ihres Unternehmens mitgestalten möchten. Dazu sollten Sie genau hinschauen, wie die Situation in Ihrem Unternehmen gerade ist und welche Entwicklungen eventuell bereits jetzt vorhersehbar sind. Dazu sollten Sie vor allem auch die Informationsrechte des Betriebsrats nutzen und, falls die Voraussetzungen erfüllt sind, auf die Gründung eines Wirtschaftsausschusses hinwirken.  

Haben Sie als Vorsitzender bereits einige Zeit mit Ihrem Gremium gearbeitet, ist es an der Zeit, eingefahrene Prozesse und Strukturen zu überprüfen. Die Arbeitswelt hat eine enorme Veränderung erfahren. Seien es die Themen flexibles Arbeiten oder Digitalisierung, überall sind Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats betroffen. Eine effektive Arbeit Ihres Gremiums ist entscheidend für das Wohl Ihres Unternehmens und Ihrer Kollegen.  

2. Nutzen Sie neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Gremium  

Die Veränderungen in der Arbeitswelt haben auch zu neuen Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Gremium geführt. Es gibt mit § 30 Abs. 2 BetrVG nun die Möglichkeit für den Betriebsrat, digitale Betriebsratssitzungen durchzuführen und so möglicherweise bei akutem Handlungsbedarf zu schnellen Entscheidungen zu kommen. Diskutieren Sie die Vorteile dieser Art der Zusammenarbeit im Gremium und legen Sie fest, in welchem Rahmen Sie digitale Sitzungen nutzen möchten.

Achtung: 

Regelungen dazu müssen in der Geschäftsordnung des Betriebsrats enthalten sein. Falls Sie bereits eine Geschäftsordnung haben, muss diese überarbeitet werden.

3. Wie erkennen Sie, dass Veränderungsbedarf in der Zusammenarbeit besteht?  

Erstellen Sie zunächst einen Überblick über die vielen Tätigkeitsfelder des Betriebsrats. Entwickeln Sie zur weiteren Bestandsaufnahme einen Fragebogen, der die verschiedenen Tätigkeiten jedes Betriebsratsmitglieds enthält. Lassen Sie Ihre BR-Kollegen jeweils angeben, mit was und in welchem Umfang sie tagtäglich im Rahmen der Betriebsratsarbeit beschäftigt sind. So erhalten Sie ein Bild der Inhalte und Arbeitsabläufe im Gremium. Daraus können Sie nun gemeinsam eine „Wunsch-Situation“ für die Zukunft entwickeln. Welche Tätigkeiten sind zu priorisieren? Was nimmt zeitlich überhand und steht nicht im Verhältnis zu den gesetzten Zielen des Betriebsrats? Bei welchen Aufgaben sehen Sie zukünftig den Fokus? Wenn Sie auf diese Weise vorgehen, werden Sie den Bedarf nach Veränderungen erkennen.   

4. Erstellen Sie einen Projektplan zur Umsetzung von Veränderungsmaßnahmen  

Haben Sie nun als Gremium den Wunsch entwickelt, Ihre Arbeitsabläufe zu verändern, sollten Sie sich nicht zu viel vornehmen. Gehen Sie strukturiert vor und schätzen Sie realistisch ein, wie viel Veränderung Ihre derzeitige Situation verträgt. Ein Projektplan ist dabei hilfreich: Schreiben Sie auf, welche Veränderungen Sie in welchem Zeitraum bewerkstelligen möchten und was die nächsten Schritte sind. Legen Sie auch fest, welche Unterstützung das Gremium dazu von außen benötigt, beispielweise durch Schulungen oder externe Berater.  

Möchten Sie beispielsweise Ihr Sitzungsmanagement verbessern und Ihre Sitzungen effektiver gestalten, schauen Sie sich in einem ersten Schritt die bestehende Sitzungskultur an. Legen Sie dann konkrete Punkte (Art und Dauer der Sitzungen, Sitzungsgestaltung, Nachbearbeitung der Sitzungen etc.) fest. Anschließend notieren Sie, welche weiteren Schritte notwendig sind, beispielsweise die gemeinsame Erarbeitung eines Leitfadens zur effektiven Sitzungsgestaltung. Nun stellen Sie sich noch die Frage, ob Sie dazu eine Schulung oder externe Berater benötigen.   

5. Prozesse abschließen, auswerten, Ergebnisse sichtbar machen und Erfolge feiern  

Wenn Sie und Ihr Gremium eine Veränderung in Ihrer Arbeitsweise durchgeführt haben, sollten Sie anschließend auswerten, inwieweit sich eine Verbesserung ergeben hat. Kommen Sie nun schneller zu Ergebnissen? Sind Ihre Betriebsratskollegen zufriedener mit der Arbeitsweise? Haben Sie auf diese Weise Zeit eingespart? Ein Fragebogen kann hier wieder zu sichtbaren Ergebnissen führen. Und ganz wichtig: Vergessen Sie nicht, die Erfolge entsprechend zu würdigen und mit Ihren Kollegen zu feiern!

Wie kann der Betriebsrat Veränderungsprozesse im Unternehmen mitgestalten? 

Beim Stichwort „Change-Management“ wird vielen Mitarbeitern, aber auch Betriebsräten ein bisschen flau im Magen. Denn grundsätzlich scheuen wir uns vor Veränderungen. Doch oftmals liegt nur in einer grundlegenden Veränderung im Betrieb die Chance für eine gute Zukunftsentwicklung. Aber welche Rolle haben Sie als Betriebsratsvorsitzender beim Change-Management und was können Sie persönlich tun, damit der Veränderungsprozess gelingt?  

Warum gibt es Veränderungen in Unternehmen?  

Die Gründe für Veränderungen sind vielfältig. Oftmals haben Unternehmen aufgrund eines schnellen Wachstums einen Bedarf an neuen Strukturen und Prozessen. Auch eine Unternehmenskrise kann zu Veränderungen führen. Weitere Beispiele sind veränderte Kundenbedürfnisse, Unternehmensfusionen, ein Wechsel in der Führungsebene, eine neue IT-Ausrichtung etc.   

Was ist Change-Management eigentlich?  

Das Veränderungsmanagement umfasst alle Aufgaben, Maßnahmen und Tätigkeiten, die eine umfassende, bereichsübergreifende und inhaltlich weitreichende Veränderung bewirken sollen – mit dem Ziel, neue Strategien, Strukturen, Systeme, Prozesse oder Verhaltensweisen umzusetzen. Kurz gesagt, handelt es sich um eine laufende Anpassung von Unternehmensstrategien und Strukturen an veränderte Rahmenbedingungen.  

Warum scheitern Veränderungen im Unternehmen?  

Viele Change-Projekte scheitern. Manche werden nur halbherzig gestartet, andere werden auf der Hälfte des Weges abgebrochen. Manche laufen jahrelang, ohne dass man dem Ziel wirklich näherkommt. Woran liegt das?

Professor John P. Kotter (Harvard Business School) nennt insbesondere folgende Gründe für einen Misserfolg:  

  • Es wird kein Dringlichkeitsbewusstsein geschaffen  
  • Es gibt keine klare Vision  
  • Die Vision wird nicht intensiv genug kommuniziert  
  • Barrieren, um die neue Vision zu erreichen, werden nicht entfernt  
  • Es werden keine kurzfristigen Etappenziele geplant und kommuniziert  
  • Der Erfolg wird zu früh erklärt, Rückfall in alte Handlungsmuster  
  • Die Veränderungen werden nicht in der Unternehmenskultur verankert 

Welche Rolle haben Betriebsratsvorsitzende im Change-Prozess?  

Sie als Betriebsratsvorsitzender können entscheidenden Einfluss auf das Gelingen von Change-Prozessen haben. Dazu sollten Sie jedoch nicht unvorbereitet sein.  

Hilfreiche Kompetenzen im Change-Prozess  

Winfried Berner hat folgende Aspekte zusammengefasst, die ein „Change-Manager“ haben sollte, um Veränderungen optimal begleiten zu können. Diese Punkte können Sie als Checkliste verwenden, um gut vorbereitet in einen Transformationsprozess einzusteigen. 

Anforderungsprofil professioneller Change-Manager | © ifb GmbH & Co.KG

Praxistipp: 

Nehmen Sie im Betriebsratsgremium eine Rollenverteilung hinsichtlich der beschriebenen Kompetenzen vor. Denn es wird schwierig, all diese Fähigkeiten auf nur wenige Schultern zu verteilen. Wenn die notwendigen Kompetenzen in der Summe im Gremium vorhanden sind, können diese im Change-Prozess sinnvoll genutzt werden.

Welche rechtlichen Möglichkeiten der Mitwirkung gibt es?  

Change-Projekte berühren an vielen Stellen Ihre Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte als Betriebsrat. Bevor wir auf die wichtigsten Regelungen eingehen, noch ein Praxistipp: Wirken Sie darauf hin, dass Sie frühzeitig in die Veränderungsprozesse einbezogen werden und machen Sie konsequent von Ihren Informationsrechten Gebrauch (z. B. §§ 80 Abs. 1, 92, 90, 106, 111 BetrVG). Sie bekommen damit ein besseres Verständnis für die geplanten Prozesse und können so Ihre Kollegen besser informieren und Hintergründe erläutern. Idealerweise werden Sie als Betriebsratsvorsitzender in das Projektteam aufgenommen. Damit werden notwendige Verhandlungen zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber, z. B. beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen, beschleunigt. Nutzen Sie das als Argument gegenüber der Geschäftsleitung.

Wichtig: 

Die nachfolgenden Informationen enthalten lediglich eine Auswahl der wichtigsten Rechte des Betriebsrats und sollen eine Orientierung über die betriebsverfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen innerhalb Veränderungsprozesse sein. Die nachfolgenden Beispiele sind also keine umfassende Darstellung der Rechtslage. Vielmehr können im Einzelfall auch noch weitere Mitbestimmungsrechte in Frage kommen. Deshalb wird ausdrücklich davon abgeraten, allein auf dieser Grundlage das Vorgehen des Betriebsrats festzulegen. 

Beispiele für Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei Change-Projekten:  

  • Planung von Veränderungsvorhaben
    §§ 106 ff. BetrVG:
    Umfassende Unterrichtung des Betriebsrats bzw. Wirtschaftsausschusses in wirtschaftlichen Angelegenheiten, insbesondere über
    1. die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens
    4. Rationalisierungsvorhaben
    5. Fabrikations- und Arbeitsmethoden, insbesondere die Einführung neuer Arbeitsmethoden;
    6. die Einschränkung oder Stilllegung von Betrieben oder Betriebsteilen;
    7. die Verlegung von Betrieben oder Betriebsteilen;
    8. der Zusammenschluss oder die Spaltung von Unternehmen oder Betrieben;
    9. die Änderung der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks sowie  
    10. sonstige Veränderungen und Vorhaben, welche die Interessen der Arbeitnehmer des Unternehmens wesentlich berühren können  
  • Umstrukturierungen, die eine Betriebsänderung nach sich ziehen
    §§ 111 f. BetrVG: Interessenausgleich und Sozialplan   
  • Personalabbau, Kostensenkungsprogramme, Übernahme oder Fusion
    § 112a BetrVG: Erzwingbarer Sozialplan bei Personalabbau 
  • Einführung von IT-Systemen
    § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG  
  • Arbeitszeitflexibilisierung
    § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG  
  • Anreizsysteme/ Incentives
    § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG  
  • Ablaufänderungen bzw. Restrukturierungen
    Beratungsrechte nach § 90 BetrVG, Information über die Planung von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten, technischen Anlagen sowie Arbeitsverfahren und -abläufen  
  • Beurteilungssysteme, Management der Mitarbeiterqualität
    § 94 BetrVG, Personalfragebögen und Beurteilungsgrundsätze  
  • Programme zur Verbesserung der Kundenorientierung, Einführung von „Spielregeln der Zusammenarbeit“
    § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb  
  • Management der Mitarbeiterqualität
    § 98 BetrVG, Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen  
  • Veränderte Anforderungen und veränderter Personalbedarf
    § 98 BetrVG, Personalplanung

Wie gehen Sie mit Ängsten und Widerständen im Change-Prozess um?  

Ängste und Widerstände in Change-Prozessen sind normal und können auch als guter Indikator dafür genutzt werden, die geplanten Änderungen immer wieder zu überprüfen. Wichtig ist, den Arbeitnehmern die Notwendigkeit der Maßnahmen ausreichend zu erklären und frühzeitig über geplante Schritte zu informieren. Außerdem sollten die Arbeitnehmer in den Prozess einbezogen werden. Sie als Betriebsratsvorsitzender können viel Einfluss nehmen, indem Sie die Veränderungsbereitschaft vorleben und so eine Vorbildfunktion wahrnehmen. Zeigen Sie Beharrlichkeit und Ausdauer und feiern Sie auch kleine Erfolge.

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