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Strategie im Betriebsrat: Eine Aufgabe für Betriebsratsvorsitzende

Die Interessen der Kollegen mit langfristiger Perspektive vertreten

Betriebsräte stehen vor der Herausforderung, die vielfältigsten Alltagsaufgaben zu bewältigen: Gespräche mit den Kollegen, Diskussionen mit der Geschäftsleitung, Informationsbeschaffung, kurzfristige Stellungnahmen, Fortbildungen etc. Wenn Sie schon länger im Amt sind, kennen Sie das bestimmt. Bei vielen Gremien besteht die Gefahr, dass mit dem Tagesgeschäft die meiste Zeit und Energie aufgebraucht ist. Doch was ist mit langfristigen Vorhaben und Zielen? Sie brauchen eine Strategie!

Gabriele Lengauer | ifb-Bildungsreferentin | © ifb

Gabriele Lengauer | ifb

Stand:  29.2.2024
Lesezeit:  04:45 min

Was ist ein „Strategieprozess“? 

Was wollten Sie als Betriebsratsvorsitzende wirklich zusammen mit Ihrem Gremium erreichen? Was können Sie zum Beispiel für die Existenz- und Arbeitsplatzsicherung Ihres Unternehmens tun? Die Erreichung von Zielen bedarf einer systematischen Planung, die immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden muss. In diesem Zusammenhang wird oft von „Strategiearbeit“ gesprochen.  

Der Strategieexperte Markus Venzin vergleicht den Strategieprozess mit einem Arztbesuch: Als erster Schritt erfolgt meist die Ermittlung verschiedener Leistungswerte, wie Blutdruck oder Blutwerte. Der Arzt kann dann anhand dieser Werte Problembereiche (z. B. Bluthochdruck oder Cholesterin) identifizieren und eine Diagnose erstellen. Oft wird auch eine Prognose des zukünftigen Gesundheitszustandes entwickelt, falls der Patient so weitermacht wie bisher. Um den Gesundheitszustand zu ändern, wird zusammen mit dem Patienten eine Vision eines gesünderen Lebens entwickelt, z. B. vitaminreiches Essen, mit dem Rauchen aufhören und mehr Sport. 

Um die Vision auch tatsächlich zu erreichen, wird eine Strategie entwickelt. Der Arzt bezeichnet das als Therapie: eine bestimmte Diät, Medikamente, Rauchverbot und ein Trainingsplan. Regelmäßige Kontrollbesuche mit eventuellen Therapie-Anpassungen schließen dann den Genesungsprozess ab. 

Das Beispiel mit dem Arztbesuch kann gut auf die Unternehmensebene übertragen werden: Zuerst werden die allgemeinen Daten des Unternehmens analysiert und zukünftige Entwicklungen prognostiziert. Die Ergebnisse werden zusammengetragen und strategische Ziele entwickelt. Darauf basierend sollten Umsetzungsschritte formuliert werden. Zur Kontrolle dienen Erfolgskriterien. Regelmäßig wird der Stand der Umsetzung dokumentiert und überprüft. Bei Bedarf wird die Strategie angepasst.

Warum ist Strategiearbeit im Rahmen der Betriebsratsarbeit so wichtig? 

Effektive Betriebsratsarbeit lebt von den Zielsetzungen im Gremium. Letztere sollten dabei bewusst gewählt und regelmäßig überprüft werden. Fragen Sie sich beispielsweise, was Sie bis zum Ende der Wahlperiode erreichen wollen.  

Ihrem Gremium muss es dabei gelingen, alle Aufgaben – sowohl kurz-, mittel- als auch langfristige Vorhaben – ausgewogen zu bearbeiten. Die täglichen Arbeiten dürfen nicht vernachlässigt und Fristen müssen eingehalten werden. Andererseits darf sich das Gremium nicht nur allein auf das Alltagsgeschäft fokussieren. Wenn Sie strategisch vorgehen, sind Sie auf einem guten Weg, alle Routineaufgaben zu meistern und gleichzeitig die gesetzten Ziele zu erreichen.

Wie treiben Sie als Betriebsratsvorsitzender den Strategieprozess voran? 

Als Betriebsratsvorsitzender können Sie zunächst den richtigen Rahmen für die Entwicklung gemeinsamer strategischer Ziele schaffen. Gerade zu Beginn einer Wahlperiode mit einem bunt gemischten Team braucht es unbedingt Zeit, sich über die Ziele der einzelnen BR-Mitglieder bewusst zu werden und hier möglichst eine einheitliche Linie herzustellen. Eine gute Möglichkeit stellt eine Klausurtagung dar. Der große Vorteil dabei ist, dass so gut wie keine betrieblichen Anfragen und andere Störungen die Arbeit des Gremiums stören können. Auch das Kennenlernen der BR-Mitglieder fällt deutlich leichter fernab des Arbeitsalltags.

Wenn die Klausurtagung gut vorbereitet ist, verläuft diese meist sehr intensiv und erlebnisreich. Eine Dauer von zwei bis drei Tagen ist ideal. Wählen Sie einen Tagungsort, der ausreichend weit vom Betrieb entfernt ist. So fällt es den Beteiligten leichter, sich einmal ganz von häuslichen und betrieblichen Verpflichtungen zu lösen. Planen Sie den Ablauf so, dass auch immer wieder kleinere Arbeitsgruppen gebildet werden, damit auch die etwas stilleren Betriebsratsmitglieder mit Ihren Beiträgen zu Wort kommen können. Auch der Einsatz externer Moderatoren ist bei der Klausurtagung möglich. 

Im Laufe der Wahlperiode sollten Sie als Betriebsratsvorsitzender immer wieder ausreichend Gelegenheiten schaffen, in denen Sie im Gremium gemeinsam Ihre Ziele überprüfen und gegebenenfalls an aktuelle Geschehnisse anpassen können. 

Zudem sollten gerade Sie als BRV verstärkt im Auge behalten, ob der Betriebsrat auf dem „richtigen Weg“ ist, um die strategischen Ziele auch zu erreichen. Sollten Sie feststellen, dass die Ziele nicht mehr im Bewusstsein der Gremiumsmitglieder sind, steuern Sie dagegen! Machen Sie Ihren Kollegen immer wieder bewusst, welche strategischen Ziele das Gremium gemeinsam festgelegt hat.

Wie entwickeln Sie im Betriebsrat eine Strategie? 

Der Strategieprozess erfolgt in mehreren Schritten. Jeder dieser Schritte ist wichtig! Gehen Sie systematisch vor und nehmen Sie sich ausreichend Zeit.

Analyse und Bestandsaufnahme 

Die Bestandsaufnahme sollte sowohl hinsichtlich des Betriebsratsgremiums und seiner Arbeit als auch hinsichtlich der Lage des Unternehmens erfolgen. Machen Sie sich zunächst bewusst, wo Ihr Betriebsrat steht und in welcher Phase der Amtszeit Sie sich befinden. Im nächsten Schritt führen Sie eine gründliche Analyse des betrieblichen „Ist-Standes“ durch. Nutzen Sie dabei Ihre Informationsrechte und beziehen Sie den Wirtschaftsausschuss mit ein. Stellen Sie sich folgende Leitfragen: 

  • Was haben wir im vergangenen Jahr (oder in der vergangenen Wahlperiode) erreicht? 
  • Welche Probleme und offenen Punkte gab es im vergangenen Jahr (oder in der vergangenen Wahlperiode)? 
  • Wie können wir unsere Ausgangslage beschreiben? 
  • Wie können wir die Ausgangslage unseres Unternehmens beschreiben? 
  • Welche Herausforderungen gibt es im Unternehmen?  
  • Zukunftsperspektive in den Blick nehmen 

Diskutieren Sie als nächstes die zu erwartende Entwicklung in Ihrem Unternehmen und die dadurch gegebenenfalls resultierenden Probleme, Chancen und Herausforderungen. Leitfragen können hier sein: 

  • Wie wird sich unsere Branche weiterentwickeln? 
  • Wie wird sich unser Unternehmen weiterentwickeln? 
  • Was bedeutet das für uns als Gremium? 
  • Was bedeutet das für die Belegschaft?

Strategische Ziele festlegen und strategische Forderungen stellen 

Nun geht es darum, ausgehend von der durchgeführten Analyse eigene Zielvorstellungen und damit ein eigenes Handlungskonzept zu entwickeln, das auch bestimmte Forderungen enthält. Auch hier helfen Ihnen Leitfragen weiter: 

  • Angesichts der zu erwartenden Entwicklungen: Für was stehen wir als Betriebsrat? 
  • Welche Leitlinien sind uns bei unserer Arbeit wichtig? 
  • Was wollen wir in dieser Wahlperiode (im nächsten Jahr) erreichen?

Umsetzungsschritte entwickeln 

Wenn die Ziele feststehen, müssen Sie noch konkrete Schritte zur Umsetzung planen. Seien Sie dabei realistisch, was die zur Verfügung stehende Zeit betrifft. Legen Sie fest, wer sich im Gremium um welchen Schritt kümmert und bis wann die einzelnen Schritte abgeschlossen sein sollten. Denken Sie auch daran, dass Sie sich externe Unterstützung holen können, sei es durch Schulungen (wenn das entsprechende Wissen fehlt), oder durch Sachverständige nach § 80 Abs. 3 BetrVG. Vergessen Sie nicht, die Belegschaft regelmäßig über Ihre geplanten Vorhaben zu informieren. Gehen Sie anhand folgender Leitfragen vor: 

  • Mit welchen Schritten wollen wir die Strategie umsetzen? 
  • Wer macht was bis wann? 
  • Wen oder was brauchen wir zur Unterstützung? 
  • Wie wollen wir die Belegschaft informieren und einbinden? 

Maßnahmenumsetzung und Zielerreichung überprüfen 

Im Strategieprozess sollten Sie immer wieder überprüfen, ob Sie ein Ziel erreicht bzw. eine beschlossene Maßnahme durchgeführt haben. Ziehen Sie regelmäßig Bilanz und halten Sie auch die Erreichung von Zwischenzielen fest. 

Strategie laufend anpassen oder neue Strategie entwickeln 

Der Strategieprozess ist nicht statisch. Es werden immer wieder unvorhersehbare Ereignisse passieren, die vielleicht ein Umdenken erfordern. Behalten Sie das aktuelle Geschehen in der Gesamtwirtschaft, in Ihrer Branche und in Ihrem Betrieb im Auge und passen Sie die Strategie immer wieder an aktuelle Entwicklungen an.

Tipp: Feiern Sie Erfolge und beziehen Sie die Belegschaft mit ein 

Wenn Sie Ziele erreicht haben, dann vergessen Sie nicht, den Erfolg entsprechend zu würdigen und zu feiern. So steigt die Motivation, weiter am Ball zu bleiben. Und beziehen Sie Ihre Kollegen mit ein: Machen Sie den Erfolg gegenüber der Belegschaft sichtbar.

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