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Betriebsratsschulung - Thema Rhetorik

Erforderlichkeit der Teilnahme für den Betriebsratsvorsitzenden

ArbG Dortmund, Beschluß vom 17.06.1999 - 6 BV 53/99

Stand:  16.10.2002
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Ist der Besuch eines Seminars mit dem Thema Rhetorik Teil I: Der (selbst)sichere Weg zum Erfolg für einen Betriebsratsvorsitzenden ohne einschlägige Vorkenntnisse im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlich?

Seit Jahren findet eine zum Teil heftige Diskussion zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern hinsichtlich der Erforderlichkeit der Teilnahme an sogenannten Rhetorikseminaren statt. Die Rechtsprechung tendierte in der Vergangenheit verstärkt dazu, eine solche Erforderlichkeit abzulehnen. Argumentiert wurde dabei überwiegend, dass generell keine Notwendigkeit bestehe. Rhetorische Kenntnisse und Fähigkeiten seien lediglich nützlich und eben nicht erforderlich im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG. Dahinter steht wohl die irrige Ansicht, dass es für die sachgerechte betriebsverfassungsrechtliche Vertretung der Arbeitnehmerschaft unerheblich ist, wie wortgewandt Betriebsräte dem Arbeitgeber und der Belegschaft gegenübertreten. Wir haben uns daher entschlossen, eine bemerkenswerte Entscheidung des Arbeitsgerichtes Dortmund in diesen newsletter aufzunehmen, die eben diese Erforderlichkeit eines Rhetorikseminars bejaht. Obwohl diese Entscheidung nur von einem Arbeitsgericht kommt, könnte sie doch ein erstes Anzeichen für einen sich anbahnenden Sinneswechsel darstellen.

Der Fall:

Der seit 1992 amtierende Vorsitzende des aus sieben Mitgliedern bestehenden Betriebsrats ist bei der Arbeitgeberin als Dreher beschäftigt. Insgesamt sind im Betrieb 220 Arbeitnehmer tätig. Der Betriebsrat setzte die Arbeitgeberin in Kenntnis, dass der Vorsitzende in der Zeit vom 22.3.1999 bis zum 26.3.1999 in München an dem Seminar Rhetorik Teil I: Der (selbst)sichere Weg zum Erfolg teilnehmen werde. Mit Schreiben vom 26.1.1999 verweigerte die Arbeitgeberin die Zustimmung zur Teilnahme mit der Begründung, die Teilnahme sei unverhältnismäßig lang und die Entfernung zu weit. Zwar wies der Betriebsrat noch einmal auf die Wichtigkeit der Teilnahme hin, doch die Arbeitgeberin lehnte die Seminarteilnahme wie die Kostenübernahme und die Bezahlung der Fehlzeiten ab. Nach einem weiteren ablehnenden Schreiben stornierte der Betriebsrat schließlich die Teilnahme an dem Seminar in München und meldete den Vorsitzenden für das gleiche Rhetorikseminar in der Zeit vom 22.11.1999 bis zum 26.11.1999 in Köln an.

Der Betriebsrat trug vor, die Teilnahme des Vorsitzenden an dem Rhetorikseminar im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG sei erforderlich. Der Vorsitzende habe Beratungen in Betriebsratssitzungen zu strukturieren, zu leiten und darauf hinzuwirken, dass sachgerechte Beschlüsse gefasst würden. Das Arbeitsgericht Dortmund folgte dem Antrag des Betriebsrats. Nach § 37 Abs. 6 BetrVG sei die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten dann für die Betriebsratsarbeit erforderlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Situation im Betrieb und Betriebsrat benötigt werden, damit die Betriebsratsmitglieder ihre derzeitige und demnächst anfallenden gesetzlichen Aufgaben sachgerecht wahrnehmen könnten. Kenntnisse, die für die Betriebsratstätigkeit lediglich verwertbar und nützlich seien, erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Der Betriebsrat habe die Frage der Erforderlichkeit bei seiner Beschlussfassung nicht nach seinem subjektiven Ermessen zu beantworten. Vielmehr müsse er sich auf den Standpunkt eines vernünftigen Dritten stellen, der die Interessen des Betriebsrats einerseits und der Arbeitnehmerschaft andererseits gegeneinander abzuwägen hat ( so schon BAG vom 14.9.1997 - 7 ABR 27/94 und BAG vom 24.5.1995 - 7 ABR 54/94). Nach der Seminarankündigung des Veranstalters seien Inhalt des Seminars die Grundlagen des freien Redens, das selbstsichere Auftreten sowie das Erlernen von Formulierungstechniken.

Das das Erreichen dieses Ziels für den Betriebsratsvorsitzenden erforderlich ist, ergebe sich bereits auf Grund der Aufgabenzuweisung im Betrieb, so dass keine überspannten Anforderungen an einen konkreten betrieblichen Bezug gestellt werden dürften. Das Kommunikationsverhalten des Betriebsratsvorsitzenden richte sich nicht auf die konkrete Situation gerade in dem betroffenen Betrieb, sondern sei eine Dauerfähigkeit, die der Betriebsratsvorsitzende nahezu bei allen seinen Tätigkeiten braucht. So leite der Betriebsratsvorsitzende die Betriebsratssitzung gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und desweiteren die Betriebsversammlung nach § 42 BetrVG. Diese Aufgaben könne er nur dann sachgerecht erfüllen, wenn er über ein sicheres Auftreten verfüge. Auch im vorliegenden Fall sei die Schulungsteilnahme für den Betriebsratsvorsitzenden erforderlich im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG. Als Dreher verfüge er von seiner Ausbildung her nicht über die nötigen rhetorischen Fähigkeiten, um in dieser Hinsicht die Aufgaben des Betriebsrats erfüllen zu können. Daher ist im Hinblick auf den Wissenstand des Betriebsrats und unter Berücksichtigung der Aufgabenverteilung im Betriebsrat eine Schulung des Betriebsratsvorsitzenden hier geboten.

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