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Wann ist eine vereinbarte Vergütung sittenwidrig?

Ausgangspunkt bei einer Überprüfung der Sittenwidrigkeit einer Vergütung ist nicht der Mindestlohn sondern die regional- und branchenübliche Vergütung. Ist der Wert der Arbeitsleistung (mindestens) doppelt so hoch wie der Wert der Gegenleistung, kann eine verwerfliche Gesinnung vermutet werden.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. November 2015, 5 AZR 814/14

Stand:  31.3.2016
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Das ist passiert:

Die Arbeitnehmerin war bei ihrem Arbeitgeber, einem Busunternehmen, als Busbegleiterin beschäftigt. Sie holte geistig und körperlich behinderte Schüler vormittags an verschiedenen Stellen für den Schulbesuch ab. Nachmittags brachte sie die Kinder wieder nach Hause. Zahlungen erhielt sie nur für erbrachte Arbeit. Entgeltfortzahlungen für Feiertage oder bei Arbeitsunfähigkeit erhielt die Arbeitnehmerin ebenso wenig, wie bezahlten Erholungsurlaub. Der Arbeitgeber bezahlte für jede gefahrene Tour eine Pauschale von 7,50 Euro, pro Tag somit 15,00 Euro. Für die Leerfahrten, Pufferzeiten und Standzeiten des Busses an der Schule erhielt die Arbeitnehmerin kein Gehalt.

Die Arbeitnehmerin war der Meinung, der Arbeitgeber schulde ihre eine höhere Vergütung wegen Sittenwidrigkeit der Vergütungsvereinbarung und Urlaubsabgeltung.

Das entschied das Gericht:

Die Richter gaben der Arbeitnehmerin im Wesentlichen Recht. Die vereinbarte Vergütung ist sittenwidrig. Ein wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) liege vor, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten, wie zum Beispiel eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten. Erreiche die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in dem Wirtschaftszweig üblichen Tariflohns, liege eine ganz erhebliche, ins Auge fallende und regelmäßig nicht mehr hinnehmbare Abweichung vor, so dass eine verwerfliche Gesinnung vermutet werden könne. Bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit sei zudem nicht der Mindestlohn sondern die übliche Vergütung zu Grunde zu legen.

Als tägliche Arbeitszeit sei der Arbeitnehmerin insgesamt 4,42 Stunden anzurechnen. Der Arbeitgeber müsse auch die Leerfahrten, Pufferzeiten und Standzeiten des Busses an der Schule vergüten, da die Arbeitnehmerin nicht frei über diese Zeit verfügen konnte. Umgerechnet ergäbe sich dann bei einer gezahlten Vergütung von täglich 15,00 Euro ein Stundenlohn von circa 3,40 Euro. Der Arbeitnehmerin ständen allerdings basierend auf Lohngruppe 1 (Fahrdienst) des Lohntarifvertrags 9,76 Euro pro Stunde zu. Somit erreiche die geleistete Vergütung nicht einmal die Hälfte des objektiven Werts der Arbeitsleistung und sei sittenwidrig. Der Arbeitgeber schulde der Arbeitnehmerin die übliche Vergütung.

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