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Erfolgreiche Betriebsratsarbeit lebt von Kommunikation. Egal, ob Sie als Vorsitzender, Stellvertreter oder einfaches Betriebsratsmitglied tätig werden: stets gilt es, die eigenen Ideen, Vorstellungen und Standpunkte überzeugend vorbringen und durchsetzen zu können. Umso wichtiger ist es, sich hierfür das nötige Handwerkszeug anzueignen.
Schulungen zu Rhetorik und Kommunikation können – wie andere Spezialseminare auch – für die Tätigkeit des Betriebsrats gem. § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlich sein. Das Bundesarbeitsgericht hat dies in seiner Grundsatzentscheidung vom 15.12.1995 (Aktenzeichen: 7AKR 670/94) ausdrücklich klargestellt! Seitdem haben sich immer mehr Gerichte dieser Ansicht angeschlossen.
Das Arbeitsgericht Bremen hält Schulungen in der Gesprächs- und Verhandlungsführung für die tägliche Arbeit des Betriebsrates für ebenso wichtig und notwendig wie Grundkenntnisse im individuellen und kollektiven Arbeitsrecht (Beschluss vom 25.2.2000 - 1 BVGa 4/00). Auch das Arbeitsgericht Berlin hat sich in seiner Entscheidung vom 8.10.2010 (Az.: 28 BV 8298/10) in eindeutiger Weise zugunsten der Betriebsräte positioniert und betont, dass Rhetorik gewissermaßen zum Grund-Rüstzeug eines jeden Betriebsratsmitglieds gehört.
Nach Ansicht des Sächsischen Landesarbeitsgerichts benötigen aktive Betriebsratsmitglieder rhetorische Grundkenntnisse, um sich strukturiert und angstfrei gegenüber Belegschaft und Arbeitgeber äußern zu können. Wie jedes Betriebsratsmitglied allgemeine Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht benötigt, muss jedes Betriebsratsmitglied auch wissen, wie es die Anliegen der Belegschaft bei Gesprächen, Verhandlungen und Diskussionen am wirksamsten zur Geltung bringen kann. Nur nach einer professionellen Unterweisung auf einem entsprechenden Seminar ist der Betriebsrat in der Lage, sich auf Augenhöhe mit der rhetorisch versierten Arbeitgeberseite auseinanderzusetzen (Beschluss vom 22.11.2002 - 9 TaBV 17/02).
Sonderfall Betriebsversammlung
Besondere Bedeutung misst das LAG Hamm der Betriebsversammlung zu – dem größten Podium für den Betriebsrat. Ein Betriebsratsvorsitzender muss befähigt sein, vor der gesamten Belegschaft seine Rede kompetent und frei halten sowie professionell auf Vorwürfe des Personalleiters reagieren zu können (Beschluss vom 12.10.2009 - 13 TaBV 181/08, in der Sache bestätigt durch BAG, Beschluss vom 12.01.2011 - 7 ABR 94/09).
Auf die Begründung kommt es an!
Damit der Arbeitgeber die Kosten für ein Rhetorik- oder Kommunikationsseminar übernimmt, müssen Sie anhand von Beispielen konkrete Situationen aus Ihrem Betriebsratsalltag nennen können, bei denen es auf eine gute und zielführende Rhetorik ankommt. Zeigen Sie Ihrem Arbeitgeber, wie vielseitig Ihr Aufgabenfeld ist und welche Ihrer Tätigkeiten eine entsprechende Präsentations- und Gesprächsführungskompetenz voraussetzen, wie z. B. Verhandlungen mit dem Arbeitgeber oder Diskussionen im Gremium. Einfacher gestaltet sich die Begründung bei Betriebsratsvorsitzenden und deren Stellvertretern. Aufgrund der besonderen Aufgabenstellung, wie beispielsweise der Leitung von Betriebsratssitzungen oder Betriebsversammlungen, werden dialogische Fähigkeiten in der Regel als Grundwissen anerkannt. Doch auch alle anderen Betriebsratsmitglieder sollten ihren Anspruch geltend machen!
Welche konkrete Aufgabe, deren sachgerechte Erledigung bestimmte rhetorische Kenntnisse erfordert, steht zur Zeit oder in nächster Zukunft an?
Beispiel: Der Arbeitgeber möchte sobald wie möglich mit dem Betriebsrat Verhandlungen über die Flexibilisierung der betrieblichen Arbeitszeit führen.
Verfügt der Betriebsrat über die notwendigen rhetorischen Kenntnisse und Fähigkeiten, um diese Aufgabe sach- und fachgerecht ausführen zu können?
Beispiel: Kein Betriebsratsmitglied Ihres Gremiums verfügt über die erforderlichen rhetorischen Kenntnisse und Fertigkeiten, die eine sachgerechte Vorbereitung und Durchführung dieser Verhandlungen gewährleisten.
Warum ist in diesem Falle eine Schulungsmaßnahme die einzige Lösung, diese Aufgabe sachgemäß zu erfüllen?
Beispiel: Die erforderliche Verhandlungskompetenz (bzw. Präsentationskompetenz, Beratungskompetenz, Gesprächsführungskompetenz, Konfliktlösungskompetenz oder Führungskompetenz) kann nicht durch Buchstudium oder durch Hinzuziehung eines Sachverständigen, sondern nur durch eine Schulung mit praktischen Übungen erworben werden.
Welches Schulungsangebot vermittelt die erforderlichen Kenntnisse?
Beispiel: Die Prüfung aller vorliegenden Angebote von Bildungsträgern ergibt, dass die Schulungsinhalte des von Institut X angebotenen Seminars "Erfolgreiche Verhandlungsführung in der Betriebsratsarbeit" den besonderen Erfordernissen des Betriebsrats entsprechen.
Wer soll zu dieser Schulungsmaßnahme entsandt werden? Der Betriebsrat muss aufgrund der Aufgabenverteilung im Betriebsratsgremium begründen können, warum gerade das von ihm für die Schulung vorgesehene Mitglied für die Weiterbildungsmaßnahme ausgewählt wurde.
Beispiel: Der Betriebsrat entscheidet sich für die Entsendung seines Betriebsratsvorsitzenden und des Sprechers des Arbeitszeitausschusses, da beide per Beschluss mit der Verhandlungsführung beauftragt sind. Bitte beachten Sie auch die sonstigen Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung!
Konflikte gibt es in jedem Betrieb. Ohne aktive Gegenmaßnahmen des Betriebsrats oder des Arbeitgebers können Konflikte eskalieren und sich zu systematischen Anfeindungen oder Schikanen auswachsen, sprich: zu Mobbing. Dennoch sperren sich manche Arbeitgeber gegen die Fortbildung des Betriebsrats in Konflikt-Seminaren. Sie befürchten, dies könne ein Eingeständnis sein, dass es tatsächlich Konflikte oder gar Mobbing im Betrieb gibt.
Wenn sich einzelne Arbeitnehmer über Konflikte bis hin zu Mobbing beschweren wollen, sieht der Gesetzgeber hierbei die Unterstützung durch den Betriebsrat vor (§§ 84 und 85 BetrVG). Es gehört zu den Aufgaben des Betriebsrats nach § 80 BetrVG, Mobbing entgegenzuwirken (ArbG Weiden vom 22. 6. 2005 — 1 BV 3/05C). Für die Teilnahme an einem Konflikt- oder Mobbing-Seminar muss keine konkrete betriebliche Konfliktlage dargestellt werden. Der Betriebsrat benötigt ein Grundlagenwissen, um im Konfliktfalle unverzüglich in einer sowohl für die Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber angemessenen Weise reagieren zu können (ArbG München vom 16. 10. 2001 — 33 BV 157/01).
Das heißt, ein Schulungsbedarf des Betriebsrats besteht nicht erst, wenn im Betrieb gemobbt wird, sondern bereits dann, wenn konkrete Anhaltspunkte für entsprechende Tendenzen sichtbar werden. Der Betriebsrat braucht nicht zu warten bis „das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“, sprich das Mobbing-Phänomen in vollendeter Form im Betrieb vorhanden ist (ArbG Kiel vom 27.2.1997 — H 5dBV 41/96). Der Betriebsrat darf daher eine Schulung zum Thema Mobbing für erforderlich halten, wenn im Betrieb Konfliktlagen bestehen, aus denen sich Mobbing entwickeln kann (BAG vom 14.01.2015 — 7 ABR 95/12).
Nach aktueller Rechtsprechung können Betriebsräte nicht darauf verwiesen werden, das Eintreten bestimmter Konflikte abzuwarten. Vielmehr entspricht es gerade einer Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem BetrVG, wenn sie hier präventiv agieren. Eine große Chance Mobbing zu reduzieren, liegt nämlich in der Prävention, also in der Vorsorge, Verhütung, Vorbeugung oder Risikominimierung (ArbG Bremen vom 17. 12. 2003 —9 BV 81/03 und LAG München vom 30.10.2012 — 6 TaBV 39/12).